Am 23. September 2017 hat zum ersten Mal die „Lange Nacht des interkulturellen Dialogs“, initiiert von ViennaWe, an mehreren Standorten in der Innenstadt stattgefunden.
Das Programm bestand aus Konzerten, Ausstellungen, Kunst, Kulinarik und zelebrierte Wien als Zentrum der kulturellen Vielfalt. Im Rahmen der Panel Talks des Bank Austria Salons hat „Polonika“ mit prominenten Gästen anregende Diskussionen zum Thema „Vielfalt im Unternehmen” geführt.
Wir haben die Teilnehmer zu verschiedenen Aspekten von Diversity in ihrem eigenen Unternehmen befragt und haben spannende Antworten auf unsere Fragen erhalten.
Wie gelingt es Ihrem Unternehmen, möglichst diverse Mitarbeiter anzuziehen?
– Unter anderem durch gezieltes Recruiting: Wir weisen bei unseren Stellenausschreibungen zum Beispiel auf die Erhöhung des Frauenanteils im Gesamtkonzern hin, denn wir wollen den Frauenanteil im Gesamtkonzern deutlich anheben. Hinzu kommen Kooperationen wie die Zusammenarbeit mit dem Verein Minderheiten etwa im Rahmen des Jubiläums 50 Jahre Anwerbeabkommen Österreich und Jugoslawien und die Präsenz auf Jobmessen wie der Fairversity-Messe oder 10.000 Chancen. Als eines der wenigen Unternehmen Österreichs nehmen wir seit 2012 konsequent an der Regenbogenparade in Wien teil und setzen damit wichtige Signale für Chancengleichheit am Arbeitsplatz. Unsere Diversity Strategie und dieses Bündel an Maßnahmen sind der Grund, warum wir 2014 mit dem DiversCity Preis für Großunternehmen ausgezeichnet wurden.
Welche sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile, eine heterogene Gruppe an Mitarbeitern zu haben? Gibt es auch Nachteile?
– Um am Markt erfolgreich zu sein, müssen wir denken wie der Markt. Und dieser ist an Vielfalt kaum zu überbieten. Es liegt also auf der Hand, dass das Unternehmen von der Unterschiedlichkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitiert. Denn diese kennen die spezifischen Bedürfnisse der Reisenden und bringen das Wissen in unsere Marktbearbeitung ein. Nachteil? Heterogene Teams können für Führungskräfte herausfordernd sein, weil sie in der Regel länger brauchen, um ins Performing zu kommen. Eine Herausforderung, die sich am Ende des Tages für alle auszahlt.
Welche Hürden haben Mitarbeiter, die man zu einer traditionell benachteiligten Gruppe zählen könnte (z.B. Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit einer Behinderung etc.) aus Ihrer Sicht am Arbeitsmarkt zu bewältigen?
– Hürden und Stolpersteine gibt es leider immer noch viele – zum Beispiel haben Menschen aus Drittstaaten mitunter große Probleme bei der Anerkennung ihres Ausbildungsgrads, den sie im Ausland erworben und abgeschlossen haben. Wenn wir die Besten wollen und das sollten wir, dann müssen die Barrieren abgebaut werden. Hier gibt es richtig viel zu tun.
Welchen Stellenwert hat das Erlernen der deutschen Sprache für die internationalen Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen?
– Wir sind international tätig, weshalb Mehrsprachigkeit auf jeden Fall ein Vorteil ist. Um im Konzern gut zu Recht zu kommen, ist es aber nach wie vor notwendig, die deutsche Sprache möglichst gut zu beherrschen. Was wir tun, ist, das Onboarding von neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit nichtdeutscher Erstsprache mit Sprachkursen zu unterstützen.
Welche Maßnahmen bzw. Projekte gibt es in Ihrem Unternehmen, um die Eingliederung von Mitarbeitern mit einem anderem kulturellem Hintergrund zu fördern? Sind konkrete Maßnahmen in Ihrem Unternehmen geplant, um auch Flüchtlingen einen Arbeitsplatz zu bieten?
– Seminare, Workshops, Action Learning: interkulturelle Kompetenz steht bei unserer Personalentwicklung ganz oben. Hinzu kommen ergebnisorientierte Themenworkshops mit Führungskräften und Personalverantwortlichen oder Dialogveranstaltungen wie Insight Africa oder Islam und Gesellschaft, an denen alle interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen können. Ein besonders erwähnenswertes interkulturelles Best Practice ist die Lehrausbildung von geflüchteten, unbegleiteten Jugendlichen mit Asylstatus in der Lehrwerkstätte Floridsdorf, die bereits seit 2012 mit dem Verein Lobby.16 vorangetrieben wird. In Zusammenarbeit mit dem Verein Fibel werden Workshops zum Thema interkulturelle Herausforderungen am Arbeitsplatz regelmäßig organisiert.Erst vor kurzem wurde das konzernweite Projekt „Girls! Tech-Camp” umgesetzt, an dem mehr als 50 Schülerinnen aus Wiener Mittelschulen eine Woche lang bei den ÖBB und IBM zu Gast waren. Dabei lernten die Schülerinnen spannende Technik-Projekte und Berufe für die Zukunft kennen und erhielten einen umfassenden Einblick in die über 120 Berufsbilder in unserem Unternehmen.
Warum könnte Ihr Unternehmen für Frauen ganz besonders attraktiv sein?
– Weil wir Menschen über Grenzen hinweg verbinden, weil wir zu den innovativsten Firmen des Landes zählen, weil wir als österreichisches Leitunternehmen für leistbare, nachhaltige und umweltfreundliche Mobilität stehen. Und, weil wir unseren Mitarbeiterinnen richtig viele Programme für ihre Laufbahnentwicklung anbieten.
Wie gelingt es Ihrem Unternehmen, möglichst diverse Mitarbeiter anzuziehen?
– Da wir von Anfang an Vielfalt im Unternehmen gelebt haben und dies auch nach außen kommuniziert haben, indem wir großen Wert auf Employer Branding gelegt haben, war es klar, dass Diversität im Unternehmen gesehen wird und wir dementsprechend die passenden Mitarbeiter ansprechen.
Welche sind aus Ihrer Sicht die größten Vorteile, eine heterogene Gruppe an Mitarbeitern zu haben? Gibt es auch Nachteile?
– Wir haben Mitarbeiter von Ägypten bis hin zu Brasilien, China, Polen und der Schweiz. Insgesamt über 15 Nationalitäten. Das ergibt eine wunderbare kulinarische Reise, wenn wir des Öfteren im Büro kochen. Außerdem ist die kulturelle Vielfalt immer ein Gewinn. Es ist niemals ruhig bei uns im Office. Darüber hinaus ist ein wesentlicher Vorteil für unser operatives Geschäft, dass wir unsere Videos in vielen verschiedenen Sprachen anbieten können, ohne extra Preise verrechnen zu müssen. Das bringt einen satten Marktvorteil mit sich. Nachteile können vor allem hinsichtlich der Auffassung von Termingenauigkeit bzw. Pünktlichkeit entstehen. Aber nichts, was man als Team nicht gemeinsam in den Griff bekommt.
Welche Hürden haben Mitarbeiter, die man zu einer traditionell benachteiligten Gruppe zählen könnte (z.B. Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit einer Behinderung etc.) aus Ihrer Sicht am Arbeitsmarkt zu bewältigen?
– Die Benachteiligung kann sehr vielschichtig sein. Am Augenscheinlichsten ist meistens der Name der Person. Als Mohammad oder Ali wird man am Arbeitsmarkt sicherlich einen schwierigen Einstand haben, da es leider viele Vorurteile gibt. Da hier vor allem oftmals vermutet wird, dass die deutsche Sprache ein Hindernis darstellen könnte. Jedoch leben sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund bereits in zweiter oder dritter Generation in Österreich und sind der Sprache sehr gut mächtig.
Bei älteren Menschen wird oft vermutet, dass sie mit der Schnelllebigkeit und den digitalen Veränderungen nicht so gut klarkommen würden. Wenn ich mir jedoch meinen Vater anschaue, der auf fast allen sozialen Medien mittlerweile unterwegs ist und mir via whatsapp täglich Fotos und Videos schickt, glaube ich, handelt es sich hier auch um Vorurteile. Fest steht auf alle Fälle, dass man ältere Menschen hier stärker an die digitale Veränderung ranführen müsste. Denn auch Jugendliche müssen erst lernen verantwortungsbewusst mit den Veränderungen umzugehen.
Welchen Stellenwert hat das Erlernen der deutschen Sprache für die internationalen Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen?
– Allgemein ist es eine der wichtigsten Eigenschaften, die man mitbringen müsste, die Sprache des Landes lernen, in dem ich mich längerfristig aufhalte. Es geht hier nicht rein um die Kommunikation mit den Arbeitskollegen, sondern auch darum, sich emotional ausdrücken zu können. Außerdem darf man Amtswege und Vertragsunterzeichnungen nicht außer Acht lassen. Wenn ich hier die Sprache nicht beherrsche, habe ich es schwer mich zu Recht zu finden.
Deshalb legen wir auch bei unseren internationalen Kollegen Wert darauf, dass sie die Sprache erlernen. Wir fördern Deutschkurse, das Abhalten von Meetings in Deutsch, als auch den Austausch mit unserem HR Verantwortlichen bezüglich des Fortschrittes der Sprache.
Welche Maßnahmen bzw. Projekte gibt es in Ihrem Unternehmen, um die Eingliederung von Mitarbeitern mit einem anderem kulturellem Hintergrund zu fördern? Sind konkrete Maßnahmen in Ihrem Unternehmen geplant, um auch Flüchtlingen einen Arbeitsplatz zu bieten?
– Wie bereits erwähnt, fördern wir Deutschkurse und halten unsere Mitarbeiter an, dass sie anstelle von Englisch, Deutsch reden mit den internationalen Kollegen. So können wir einen Fortschritt in Mitarbeitergesprächen dann auch feststellen.
Außerdem werden Menschen, die nach Wien gezogen sind und bei uns arbeiten, egal ob aus Dornbirn oder Damaskus, schnell in unser bestehendes soziales Gefüge integriert und sind Teil von vielen privaten Unternehmungen. Unseren Mitarbeitern ist ein miteinander am Arbeitsplatz, als auch außerhalb des Arbeitsplatzes wichtig. Für unser refugeestories Projekt haben wir auch gezielt Menschen mit Migrationshintergrund (ehemalige Flüchtlinge) beschäftigt, um den Eintritt in den Arbeitsmarkt mit Berufserfahrung zu unterstützen.
Jedes Unternehmen hat eine soziale Verantwortung. Diese sollte darin liegen, dass der Arbeitsmarkt sich nachhaltig positiv gestaltet.
Warum könnte Ihr Unternehmen für Frauen ganz besonders attraktiv sein?
– Wir machen hier keinen Unterschied in der Attraktivität als Arbeitgeber, noch in anderen Themenbereichen zwischen Geschlechtern. Unser Management besteht zu 50% aus Frauen und zu 50% aus Männern. Insgesamt sind knapp 40% unseres Teams Frauen. Für ein Tech-Start-Up eine sehr hohe Prozentzahl.
Alle Interviews zu diesem Thema finden Sie auf der Homepage: www.polonika.at
Polonika nr 263, November / Dezember 2017